Im Urzustand sind wir unbegrenzt, heiter und frei. Wir haben Pläne, Ideen, Hoffnungen und Visionen. Diese setzen wir zunächst sehr motiviert um. Unfreiheit entsteht mit zunehmendem Erkennen von Begrenzung, zumeist das Ergebnis von Versuchen, sich gegen Widerstände durchzusetzen. Realisieren wir irgendwann in einer Situation existenzielle oder fundamentale Übermächtigkeit und die resultierenden Verluste als unwiderruflich so geben wir uns geschlagen und identifizieren uns mit der Rolle des Unterlegenen, des Verlierers. Unser Akzeptanzvermögen reicht nicht aus; wir können buchstäblich „nicht fassen“, was geschieht. Das ist kein bewusster, ausgesuchter Prozess, sondern eine oft unausweichliche Reaktion.
Wir fühlen uns geschlagen, regelrecht vernichtet. Manchmal allumfassend, manchmal im Bezug auf ein Thema wie "Männer/Frauen", "Eltern", "Erfolg", "Gesundheit". Das geht einher mit einer besonderen Art von Überzeugung, dem Negativprogramm (NP). Das sind knappe negative programmatische Leitsätze wie etwa „ich schaff das nicht“, „ich bin zu klein“, „ich bin zu dumm“ und Ähnliches (negare, lat., heißt „verneinen“). Sie sind an uns selbst gegebene Anweisungen zur Selbstbegrenzung und wirken als negative selbsterfüllende Prophezeiungen. Zwar sind sie in dem Moment korrekt, möglicherweise sind wir mal zu klein - aber eben nicht immer.
Im Moment eines so unfassbar gravierenden Verlusts oder Frustrations, reduziert sich unsere Wahrnehmung aber nur auf dieses Negativprogramm und damit wird es allgemeingültig statt situationsspezifisch. In diesem sogenannten Urerlebnis geben wir uns, unser Streben, unsere Ziele und Hoffnungen auf, zumindest im Bezug auf das Thema. In genau solchen Momenten bilden wirNegativprogramme und registrieren sie oft nicht einmal, da sie uns durch den Kopf schießen: Es ist, wie es ist. Fakt. Ich bin der Verlierer. Negativprogramme stehen in Konflikt mit ursprünglichen, positiven Programmen.
Urerlebnisse sind oft verdrängt und damit unbewusst. Klar, seit der Trennung, seit dem Unfall, seit dem Schock sind wir nicht mehr ganz wie früher - aber den exakten Moment, wo es von "könnte klappen" zu "wird immer scheitern" gekippt ist, haben wir nicht voll verfügbar, denn es war ja übergroß und unfassbar, also ist auch die Erinnerung daran verwehrt: das Akzeptanzvermögen versagt damals wie heute im entscheidenden Kern. Verdrängung setzt immer dann ein, wenn das Entsetzen über das gerade Geschehende die Fassung sprengt.
Als Ergebnis kommt es im Alltang, um Bezug auf das Thema oder im ganzen Leben zu unerwünschten Verhaltens- oder Denkmustern, Emotionen, Ängsten, Zwängen, Beziehungsproblemen. Also zu Selbsteinschränkung nach dem Muster: „Eigentlich könnt ich ja, aber irgendwie kann ich nicht“, „genau genommen möchte ich schon, aber irgendwie dann doch nicht“. Man wird, wie heute oft gesagt, getriggert.
Und ein solches Erlebnis geht nicht durch Zeit weg, sondern durch unerschrockene Auseinandersetzung.